Felix Saure

Karl Friedrich Schinkel

Ein deutscher Idealist zwischen »Klassik« und »Gotik«

Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) ist nicht nur einer der bedeutendsten deutschen Architekten, Maler und Gestalter des 19. Jahrhunderts. Vielmehr hat er auch zahlreiche theoretische Texte verfasst, die schon den Zeitgenossen als Ausdruck seiner »philosophischen Geistesart« (Gustav Friedrich Waagen) galten.

In dieser Monographie wird Schinkels Denken über Geschichte, Kultur und Nation erstmalig zusammenhängend als ein Modell entworfen und exemplarisch in die Ideen- und Kulturgeschichte der Zeit eingeordnet. Das »Reich der Ideen«, wie es Schinkel selbst nennt, weist vielfältige Bezüge zu den philosophischen, ästhetischen, bildungstheoretischen und politischen Entwürfen der Zeit um 1800 auf und lässt die Architektur als Ausdruck eines übergeordneten Weltbildes und Kunstverständnisses erscheinen. So zeigen die Reflexionen Schinkels eine deutliche Nähe zur ästhetisierten Graecomanie Winckelmanns, zur Bildungstheorie und zum Antikebild Wilhelm von Humboldts, zu Fichtes Nationalidentitätsphantasien und zu Schillers Idee einer ästhetischen Erziehung.

Diese Studie liefert in einem ersten Teil eine Rekonstruktion zentraler Begriffe und Bezüge in Schinkels geschichtsphilosophischem Denken. Im zweiten Teil werden vor dem Hintergrund zeitgenössischer Denkmodelle die Epochen in den Blick genommen, die in Schinkels Geschichtsauffassung eine entscheidende Stellung einnehmen: Die griechische Antike und ein deutsches Mittelalter. Beide Zeitalter fungieren als geschichtsphilosophische Utopien, die in kulturkritischer Absicht der Moderne entgegengesetzt werden.

Seine Überlegungen zu Geschichte und Kunst verstand der Architekt als theoretisches Fundament eines ausdrücklich zukunftsgerichteten Programms – als ein »Veredler aller menschlichen Verhältnisse« wollte Schinkel das individuelle wie das nationale Leben ästhetisch und politisch-sozial reformieren. Nicht zuletzt ist die vorliegende Untersuchung deshalb ein Beitrag zum Zusammenhang von Antikenrezeption, Mittelalterwahrnehmung und Geschichte des Nationalbewusstseins in Deutschland.

»Saures Buch ordnet Schinkels Äußerungen in den Kontext der zeitgenössischen Geistesströmungen ein und offenbart dadurch schlüssig, wie sehr Schinkels Denken vom Idealismus geprägt war. Nun wird man nicht sagen können, diese Erkenntnis stelle eine Überraschung dar. Aber es ist eben wichtig, dass die lange stillschweigend vorausgesetzte oder kursorisch abgenickte Annahme, Schinkel sei ein geistiges und ästhetisches Kind seiner Zeit gewesen […], hier durch ausgebreitetes Quellenmaterial Bestätigung findet.«



»Saure gelingt es, durch eine Fülle von Parallellektüren Schinkel an seinem angestammten Platze noch fester zu fundamentieren.«

Christian Welzbacher, Portal Kunstgeschichte, 30.01.12

Schon in früheren Arbeiten »zeigt sich das zunehmende Forschungsinteresse, Schinkel nicht nur als prägende Figur einer künstlerischen Praxis, sondern auch als einen einflussreichen Theoretiker innerhalb der kultur- und ideengeschichtlichen Entwicklung des deutschen Idealismus und der Romantik zu interpretieren. Mit Saures Arbeit liegt nun erstmals eine umfassende Darstellung und Einordnung dieser Position vor.«



»Als Baukünstler setzt Schinkel für das 19. Jahrhundert zwar mit weitreichender Wirkung deutliche Impulse und verfolgt ein individuell entwickeltes Programm, dessen geschichtsphilosophische und ästhetische Denkbilder jedoch eng dem deutschen Idealismus verhaftet sind […]. Dies stellt Saure schlüssig argumentierend als eine komplex aufgearbeitete Zusammenschau von Bezügen und Hintergründen dar, in denen Schinkels Welt- und Gesellschaftsbild aufgeht. Erwähnenswert sind diesbezüglich auch die im Anhang befindlichen Exkurse zum Stand der Schinkelforschung, zur Editionslage des Textnachlasses und zur Konzeption des Architektonischen Lehrbuchs



Es »wird deutlich, dass besonders die von Fokke Christian Peters (2001) resümierend geforderten weiterführenden Überlegungen ›zur Eingrenzung der theoretischen Einflüsse auf die geistige Einstellung Schinkels‹ mit Saures Arbeit eine vertiefende Fortsetzung gefunden haben. Saures Studie ermöglicht so einen präzisierten Blickwinkel auf das Werk und die Person Schinkels und zeigt dessen stets disziplinübergreifenden Ansatz […]. Die lesenswerte Arbeit steuert damit eine exemplarische Analyse einer prägenden Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts bei […].«

Simon Paulus, Germanisch-Romanische Monatsschrift, Band 63, Heft 2, 2013

»[I]t is precisely Schinkel's lack of originality which gives this revised Marburg dissertation […] its angle. According to Saure, Schinkel was not only personally acquainted with the leading intellectuals of his day, but used their ideas to construct a historical-philosophical world-view which typified German Idealism to a remarkable degree. […] Saure does a solid job of tracing how the ›Reich der Ideen‹ impacted on his architectural practice.«

Matthew Jefferies, Modern Language Review, 107.3, 2012
  • ISBN: 978-3-86525-111-4
  • Berliner Klassik 17
  • 434 Seiten
  • Hardcover
  • Am 16.11.2010 erschienen
  • Deutsch
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