August von Kotzebue
Hrsg. von Anna Ananieva

Graf Benjowsky oder die Verschwörung auf Kamtschatka

Ein Schauspiel in fünf Aufzügen

»Welch ein Leben herrscht in dem Ganzen, und welch eine Mannigfaltigkeit herrscht in diesem Leben!« – Mit dem Schauspiel Graf Benjowsky oder die Verschwörung auf Kamtschatka brachte August von Kotzebue (1761–1819) einen geheimnisvollen Ort im Fernen Osten Russlands effektvoll auf die Bühne. Die nordpazifische Halbinsel diente dem Dramatiker als Schauplatz für die Darstellung einer illustren Gestalt der jüngsten europäischen Geschichte, des aufständischen Abenteurers Móric Aladár Benyovszky (1746–1786).
Aus dem bunten Strauß der dramatisierungswürdigen Episoden aus dem Leben Benyovszkys wählte Kotzebue mit sicherer Hand die Ereignisse um den Aufstand der politischen Häftlinge auf Kamtschatka vom April 1771 aus. Das spannungsreiche Stück um einen moralisch zwiespältigen Helden entfaltete seine Bühnenwirkung dank der effektvollen Dialogführung, den temporeichen Szenenwechseln und Kampfszenen sowie den ausdifferenzierten Charakteren. In Hamburg glänzte Friedrich Ludwig Schröder (1744–1816) in der Rolle des Gouverneurs von Kamtschatka. Die Darstellung des Hettmanns, des Anführers der Kosaken, gehörte zu dem festen Rollenrepertoire August Wilhelm Ifflands (1759–1814). Die sensationelle Laufbahn Charlotte von Hagns (1809–1891) begann in der Rolle der eigenwilligen Tochter des Gouverneurs, Afanasja.
Der Publikumserfolg, den das Stück auf den europäischen und nordamerikanischen Bühnen feierte, hatte seine Kehrseiten. Die „lebhaften Äußerungen von Freiheit“ zogen zeitweilige Aufführungsverbote nach sich. Die politische Brisanz des packenden Stoffs gab Anlass zu geheimpolizeilichen Untersuchungen russischer Behörden, dessen Folgen August von Kotzebue noch jahrzehntelang spürte.
Die vorliegende Neuausgabe gibt Kotzebues Schauspiel in der ersten Druckauflage von 1794 wieder. Dem kommentierten Theatertext steht eine Auswahl historischer Kostüm- und Bühnenbilder sowie Notenblätter zur Seite. Die im Anhang versammelten Äußerungen zu den Aufführungen, Publikationen und Übersetzungen des Stücks geben einen nuancierten Einblick in die Wahrnehmung dieses Geschichtsdramas. Eine kulturhistorische Kontextualisierung liefert das Nachwort und berücksichtigt dabei wenig bekanntes Material aus deutschen und internationalen Archiven.

Anna Ananieva

Anna Ananieva ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Sie forscht und publiziert fachübergreifend zur Europäischen Kultur- und Literaturgeschichte, kuratiert Ausstellungen und arbeitet als Fachberaterin für TV-Dokumentationen. Sie ist Herausgeberin des Blogs »Kotzebue International« (OpenEdition; ISSN 2752-2571): https://kotzebue.hypotheses.org/

August von Kotzebue

August von Kotzebue (1761-1819) war Schriftsteller, Publizist und Theaterautor.
Geboren und aufgewachsen in Weimar, erlangte Kotzebue internationale Berühmtheit durch sein Dramenwerk, das die theatralen und gesellschaftlichen Konventionen seiner Zeit publikumswirksam herausforderte. Zeitweise übernahm er selbst Theaterleitungen und war u.a. für die Bühnen in Wien, St. Petersburg, Tallinn, Königsberg und Mainz zuständig.
Als engagierter Medienmacher arbeitete Kotzebue an der Profilierung des Pressemarktes, indem er mehrere belletrische Zeitschriften ins Leben rief und herausgab, darunter »Bibliothek der Journale« (St. Petersburg), »Für Geist und Herz« (Tallinn), »Die Biene« (Königsberg), »Der Freimüthige« (Berlin) und »Literarisches Wochenblatt« (Weimar).
Zeitlebens stand Kotzebue im Rampenlicht der Öffentlichkeit. Auf das Interesse für seine Person reagierte er mit autobiografischer Unterhaltungsprosa, nicht selten mit ironischem Unterton. Die literarkritischen Debatten bestritt er ausgiebig auf dem Feld der Publizistik. Kotzebues gesellschaftspolitische Polemik gegen die radikalen deutschnationalen Tendenzen gab schließlich Anlass zu seiner Ermordung, die selbst zum transnationalen Medienereignis wurde.
August von Kotzebue gilt bis heute als der meistgespielte deutschsprachiger Dramatiker. Mit dem Lexikon »Kotzebues Dramen« liegt seit 2011 bei Wehrhahn Verlag ein konziser Überblick über seine Theaterproduktionen vor.

  • ISBN: 978-3-86525-829-8
  • ISSN: 1863-8406
  • Theatertexte 80
  • 31 meist farbige Abbildungen
  • 368 Seiten
  • Broschur
  • Am 12.04.2024 erschienen
  • Deutsch
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