Armin Schäfer

Hundert Tage Prosa

Ein Lektüretagebuch

Armin Schäfer hat hundert Tage lang gelesen. Seine Lektüren, die ins Schreiben übergehen, weil Lesen heißt, blättern, hin- und herspringen, unterstreichen, ein weiteres Buch aufschlagen, an den Rand der Seiten kritzeln, exzerpieren und weiterschreiben, sind Virginia Woolf, Ilse Aichinger und Barbara Köhler, Witold Gombrowicz, Hubert Fichte und W.H. Auden, Pierre Goldman und Samuel Beckett, Elisabeth Bishop und vielen anderen gewidmet. Hundert kurze Prosastücke protokollieren die Lektüren, setzen sie fort und versuchen, etwas von den Ideen, dem Witz und dem Schmerz, die in den Büchern stecken, festzuhalten. Das Tagebuch beginnt, wie im Traum, in einer Buchhandlung: »Waren Sie in Ägypten?«, fragte Herr Müller, stieß den Münzschlitten an, der in die Kasse zurückglitt, die klingelte. Er legte mir die Quittung auf den Zahlteller. »Ich glaube nicht«, hörte ich mich sagen: »Könnten Sie bitte nachsehen, ob ich Ihnen ein falsches Geldstück gegeben habe?« »Ich glaube nicht«, sagte er und streckte mir seine Hand entgegen, auf der eine Münze lag. »Ich gebe Ihnen eine echte«, sagte ich, öffnete mein Portemonnaie und nahm ein Geldstück heraus, um es auf den Zahlteller zu legen. »Wie Sie meinen!«, sagte Herr Müller, ließ den Schlitten ausfahren, nahm die Münze, warf sie in die Kasse und lächelte: »Ich nehme sie zu meinem Schatz. Kommen Sie, ich zeige Ihnen meinen Schatz.« Er ging zum Bücherschrank, in dem inmitten von Geldstücken ein Trinkglas über ein Häufchen von Münzen gestülpt war. Auf dem Boden des Glases prangte ein gelber Drache.

  • ISBN: 978-3-98859-061-9
  • Kleine Formate 5
  • Zweite Auflage
  • 168 Seiten
  • Broschur
  • Am 10.04.2024 erschienen
  • Deutsch
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