Charlotte von Steins einzige Komödie war bisher nur in zwei stark bearbeiteten Druckversionen zugänglich: in der des Urenkels Felix von Stein (in der Deutschen Schaubühne, 1867) und in einer auf dieser basierenden Adaption von Franz Ulbrich (Braunschweig, 1948), welche der von Susanne Kord herausgegebene Nachdruck (Hildesheim, 1998) reproduziert. In der Reihe ›Theatertexte‹ erscheint das Stück jetzt zum ersten Mal in der ursprünglichen, von der Autorin hinterlassenen Fassung. Sorgfältig aus der Handschrift im Goethe- und Schillerarchiv transkribiert und mit einem Stellenkommentar mit Textvarianten und einem Nachwort versehen, lässt diese neue Ausgabe des 1798/99 entstandenen Stücks den Witz und die Lebensweisheit der 57-jährigen Frau von Stein authentisch vernehmen. Eine genüßliche Respektlosigkeit, die ihre wohlmeinenden männlichen Herausgeber vielfach abschwächten, kommt deutlich zum Vorschein. Mit der echten Komik der commedia dell’arte-Tradition und ohne ernsthafte Rührseligkeit stellt Stein durch eine ganze Reihe von selbstständigen Frauenfiguren den Eigendünkel und die Eitelkeit ihrer eher harmlosen und ineffektiven Männerfiguren bloß. Das traditionelle Bild Charlotte von Steins als prüde Hofdame bzw. beleidigte Ex-Freundin Goethes erscheint im Licht dieser Komödie als endgültig überholt.