Als ein Phänomen der Wechselseitigkeit hat die Gabe seit Marcel Mauss’ Essai sur le don die Aufmerksamkeit der Sozial-, Kultur- und Geisteswissenschaften auf sich gezogen. Der vorliegende Band konturiert dieses Phänomen in seinen temporalen, aisthetischen und ästhetischen Qualitäten und tauschtheoretischen Bezügen.
Die Gabe organisiert die zeitliche Struktur sozialer Verpflichtungen zwischen Geben, Nehmen und Erwidern. Zugleich stellt sie eine wirkmächtige Chiffre bei der aisthetischen Interpretation der Besonderheiten und Komplikationen von Zeitlichkeit als einer nicht universellen und linearen, sondern relationalen und interaktionalen Verweisstruktur dar. Schließlich bieten die temporalen Dynamiken der Gabe einen Bezugspunkt für die Artikulation ästhetischer Figuren und Projekte.
Die zwölf Beiträge des Bandes, die sozialwissenschaftliche, ökonomische, philosophische sowie literatur-, kunst- und kulturwissenschaftliche Perspektiven zusammenbringen, gruppieren sich um vier Fragen. Wie lässt sich die temporale Struktur der Gabe in sozialtheoretischer Absicht fruchtbar machen? Wie stellen sich Möglichkeit und Grenzen der Gabe als Phänomen der Wechselseitigkeit vom Standpunkt ihrer Eigenzeit dar? Welche ästhetischen Figuren und sozialen Figurationen emergieren aus der Eigenzeit der Gabe? Und wie lässt sich der Umschlag von Gabenlogiken in solche der Kalkulation, des reziproken Tauschs und der ökonomischen Ausbeutung temporalitätstheoretisch verstehen?
»Der Band bereichert die sozial- und kulturwissenschaftliche Erforschung disziplinär-ökonomischer Gaben- und Tauschphänomene um den interdisziplinären Blickwinkel der Ästhetik. Er bietet vielseitige Anschlussmöglichkeiten, auch in Richtung einer im Band immer wieder angedeuteten aber nie ausgeführten Dimension (S. 85 f., 110 f., 199): der Ästhetik der Räumlichkeit im Nachdenken über Gabe und Tausch.«