Natur erscheint in der Moderne als idealer Ort, um Zeit ›für sich‹ zu beanspruchen. Von der Aus-Zeit in der Natur verspricht man sich, den modernen Zeitdisziplinen zu entkommen und sich selbst als Natur zu erfahren. Doch die zunehmende Durchdringung der Natur durch den Menschen gefährdet diese Vorstellung. Christoph Ransmayrs Texte handeln vom Misslingen solcher Aus-Zeiten und Aus-Stiege. Sie erkunden die prekär gewordene Beziehung von Mensch und Natur, indem sie ihre jeweiligen Eigenzeiten konfrontieren. Ein ungebrochenes, erfolgreiches Eintauchen in die Natur verliert hier alle Glaubwürdigkeit. Doch gerade aus dem Scheitern erwächst widerständiges Potenzial. Mit Blick auf ikonische Naturbegegnungen bei Goethe und Thoreau erkundet diese Studie Ransmayrs Texte im Sinne einer Poetik der Eigenzeiten, die Natur in ihrer Eigensinnigkeit zur Darstellung bringt.
Solvejg Nitzke
Dr. Solvejg Nitzke studierte Germanistik und Komparatistik in Bochum, Växjö (Schweden) und Charlottesville (USA). Sie ist seit Nov 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin (Open Topic Postdoc Position) an der TU Dresden. Zuvor war sie Mitarbeiterin im DFG-Projekt »Zeit des Klimas« an der Universität Wien. 2015 promovierte sie mit einer Arbeit über die Produktion von Wissen und Katastrophe an der Ruhr-Universität Bochum. Ihr aktuelles Forschungsprojekt »Prekäre Natur. Schauplätze ökologischen Erzählens« untersucht die Reflexion und Produktion von Umwelt in populären Diskursen zwischen 1840 und 1915.